Interview mit Felix Gunawan über die Zukunft und Trends in der Automobilindustrie
Die Automobilindustrie befindet sich im größten Umbruch seit der Erfindung des Automobils. Die schnelle und zuverlässige Datenübertragung spielt eine zentrale Rolle und ist der Motor der automobilen Zukunft. Dies führt dazu, dass neben den traditionellen OEMs der Automobilindustrie mehr und mehr Technologieunternehmen aus der Konsumgüter- und Halbleiterindustrie die Richtung beim „digitalen Fahrzeug“ vorgeben und mit ihren eigenen Lösungen in den Markt einsteigen. Diese Unternehmen folgen nicht den etablierten Prozessen der Fahrzeugentwicklung, und sie haben keine Angst davor, neue und unkonventionelle Wege zu gehen. So werden Prozesse aus der Telekommunikationsbranche in der Automobilindustrie eingeführt, die kürzere Entwicklungszeiten zur Folge haben.
Um neue Trends und Entwicklungen in einem frühen Stadium zu erkennen und zusammen mit unseren Partnern geeignete Lösungen für die Datenübertragung entwickeln zu können, ist es für uns unentbehrlich, mit diesen Technologietreibern vernetzt zu sein. Die Entwicklungszentren der „Tech-Firmen“ befinden sich jedoch nicht an den üblichen Standorten der Automobilindustrie, sondern in Technologiezentren auf der ganzen Welt. Unser Produktmanagement eröffnete 2020 sein erstes Tech Office in San José (Kalifornien) in den USA, direkt im Herzen des Silicon Valley. Darauf folgte 2021 das Tech Office in der Hightech-Region von Shenzhen in China. Beide Tech Offices bilden zusammen mit der Zentrale in Deutschland die Technologieachse für zukünftige Produktentwicklungen von MD.
Tech Talk ist eine Interviewreihe, die Euch mit einigen inspirierenden Persönlichkeiten innerhalb und außerhalb von MD und der Welt der Technologie, der Innovation und darüber hinaus bekannt macht.
In dieser ersten Ausgabe von Tech Talk haben wir Felix Gunawan getroffen. Wir sprechen über Felix‘ Position als Strategic Product Manager bei MD, das Silicon Valley und dessen Mindset sowie die Zukunft und Trends in der Automobilindustrie.
Felix, erzähl uns ein wenig über dich, deinen Hintergrund, wer du bist und woher du kommst.
Felix: Ich bin Strategic Product Manager bei MD ELECTRONICS und arbeite im Silicon Valley, San José, Kalifornien, dem zukünftigen Standort der Google-Zentrale. Ich habe eine Ingenieursausbildung und einen Master-Abschluss in Business Management. Ich habe so ziemlich mein ganzes Leben hier im sonnigen Kalifornien verbracht. Was meine berufliche Karriere angeht, so habe ich in verschiedenen Branchen gearbeitet, z. B. in der Halbleiterindustrie. Vor Kurzem bin ich in den Automobilbereich gewechselt.
Lass uns zur nächsten Frage übergehen und einen Blick auf die Unternehmen des Silicon Valley und ihren Geschäftsansatz werfen. Wie unterscheiden sich diese Unternehmen von anderen Firmen? Was ist deiner Ansicht nach der größte Unterschied?
Felix: Das ist eine sehr gute Frage. Was mir am meisten aufgefallen ist, ist die Innovationsgeschwindigkeit hier im Silicon Valley. Alles geht wahnsinnig schnell, fast bis zu einem Punkt, an dem unfertige Produkte so schnell wie möglich auf den Markt kommen. Im Grunde genommen stellst du also dein eigentliches Produkt vor, bevor es überhaupt ganz fertig ist. Du brauchst nicht wirklich ein ausgefeiltes Produkt, um es auf dem Markt präsentieren zu können. Was ich damit sagen will, ist, dass wir das schon sehr häufig gesehen haben. Zum Beispiel der Faraday Future. Das Auto hat sich kaum bewegt, aber man konnte das Konzept erkennen, verstehst du? Und das Gleiche bei Tesla. Da ist vielleicht ein Riss in der Windschutzscheibe, aber das ist nicht wichtig. Im Grunde geht es darum, dein Produkt zu verbreiten und der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Es muss nicht ausgefeilt bzw. fertig sein. Es geht schlicht darum, dass die Leute und die Medien darüber reden/berichten und ihr Interesse geweckt wird. Das ist der größte Unterschied zwischen Unternehmen des Silicon Valley und anderen Firmen.
Vielen Dank für diese interessanten Einblicke, Felix. Lass uns nun einen Blick auf deine Rolle als Strategic Product Manager und dein tägliches Geschäft werfen. An welcher großen Sache arbeitest du gerade?
Felix: Als Strategic Product Manager arbeite ich täglich mit aufstrebenden Technologieunternehmen zusammen. Derzeit beschäftige ich mich zum Beispiel mit einem neuen Kunden, der für sein neues Geschäftsfeld brandneue konfektionierte Leitungen benötigt. Ich arbeite auch mit Halbleiterunternehmen wie NVIDIA an der Entwicklung zukünftiger Technologien. Was sind die Merkmale zukünftiger Generationen? Und welche Datengeschwindigkeit müssen unsere Leitungen zukünftig unterstützen? Was wird in 5 oder 10 Jahren sein? Wir sehen zum Beispiel schon jetzt, dass autonome Fahrzeuge eine große Bandbreite und viele Daten benötigen. Der Chipsatz und unsere Leitungen müssen entsprechend ausgelegt sein.
Das hört sich nach einer anspruchsvollen, aber interessanten Tätigkeit an, die du da ausübst. Felix, du hast einen Neukunden und dessen Bedarf für komplett neue Leitungen für seine neuen Geschäftsfelder erwähnt. Mich würde interessieren, wie du sicherstellst, dass du diesem Kunden die richtigen Produkte anbietest, die seinen Anforderungen entsprechen. Können die Kunden ihre Anforderungen immer genau spezifizieren? Oder wie findest du heraus, was die Kunden wirklich benötigen?
Felix: Beides ist richtig. Um also auf deine Frage zu antworten, im Allgemeinen stellen wir zuerst unser Produktportfolio vor und erläutern, welche Fähigkeiten wir einbringen können. Manchmal fragen die Kunden: „Haben Sie diese Art von spezifischem Kabelbaum?“, und entweder ist dies der Fall, oder wir sagen: „Wir haben eine Alternative“. Wenn unsere Kunden manchmal ein Teil nachfragen, das wir nicht herstellen, könnten wir einfach „Nein“ sagen, aber wir bei MD betrachten es als Teil unseres Kundenservice, Alternativlösungen anzubieten. Wir verfügen über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Automobilindustrie, und in der Mehrzahl der Fälle sind unsere Alternativlösungen besser als das, was die Kunden ursprünglich wollten. Weißt du, manchmal kommen sogar unsere Wettbewerber zu uns, und da wir für eine gegenseitige Zusammenarbeit offen sind, bekommen wir im Gegenzug viele Informationen über Zukunftstrends.
Herzlichen Dank für diese Einblicke, Felix. Es hört sich so an, als ob MD ELECTRONICS Beziehungen pflegt, von denen beide Seiten profitieren. Und nun zu deiner Position als Strategic Product Manager bei MD. Welches der Unternehmen, mit denen du dich bisher ausgetauscht hast, war für dich am inspirierendsten?
Felix: Rückblickend auf mehrere Jahre der Zusammenarbeit betrachte ich Tesla als die inspirierendste Erfahrung. Ein Beispiel, das mir dabei einfällt, war die Produktion des Model 3 – sie nannten den Produktionsort „Tent City“. Sie haben die komplette Produktionslinie für das Model Y tatsächlich auf dem Mitarbeiterparkplatz gebaut. Du konntest die Nummern der Mitarbeiterparkplätze unter deinen Füßen sehen, wenn du dort herumliefst. Sie bauten ein sehr schnelles Fließband. Die Leute stellten ihre Produkte dort mithilfe von Gabelstaplern oder Gerüsten her. Das Tempo war unglaublich – der Umbau eines Parkplatzes in eine Produktionslinie –, sie machten das innerhalb von ein paar Monaten. Und ich glaube nicht, dass irgendein anderer Autohersteller so etwas in die Realität umsetzen könnte. Sie sind sehr innovativ und einzigartig. Sie haben keine Angst vor Fehlschlägen. Was ich damit sagen will: Sie haben viele Probleme mit der Qualität, aber die Leute scheinen mit ihrem Model Y zufrieden zu sein. Daher glaube ich, dass Tesla bis jetzt das inspirierendste Unternehmen ist, das ich gesehen habe.
Wow, das klingt verrückt. Das ist noch ein Beispiel, bei dem Schnelligkeit vor Qualität ging und das erfolgreich war. Das ist eine komplett andere Welt im Vergleich zu unseren deutschen Maschinenbaubetrieben, bei denen Qualität die goldene Regel darstellt. Felix, basierend auf deinen Erfahrungen und Einblicken aus dem Silicon Valley – wie wird die Automobilindustrie in 10 Jahren aussehen? Was meinst du?
Felix: Ich vermute, dass die Fahrzeuge in 5 bis 10 Jahren weitgehend autonom sein werden. Die Menge an Daten, die künstliche Intelligenz – dies wird bereits jetzt eingesetzt, um festzustellen, ob es sich um einen Menschen, ein Fahrrad oder ein Auto handelt usw. Ich habe gesehen, wie Softwareingenieure ihren Algorithmus entwickeln, und ich habe die Punktwolken gesehen, die sie für LiDAR verwenden – es ist unglaublich, und es fehlt nicht mehr viel, bis wir Autos haben, die komplett selbstständig fahren. Ich hatte das Vergnügen, in Arizona in einem Auto mitzufahren, das tatsächlich selbstständig fuhr, und es war in der Lage, ohne menschliches Zutun einen Fahrgast zu Hause abzuholen und zu einem Einkaufszentrum zu bringen. Die Fahrstrecke war viele Male zur Übung abgefahren worden, aber trotzdem – wenn du erst einmal so viele Daten hast, dann werden meiner Ansicht nach in 5 bis 10 Jahren die meisten Autos autonom fahren.
Was bedeutet das für MD? Würdest du sagen, dass wir mit unseren Produkten auf dem richtigen Weg sind? Was ist deine persönliche Meinung dazu?
Felix: Ich arbeite jetzt seit über zwei Jahren bei MD und ich glaube, dass MD die richtige Strategie verfolgt – mit allen Automobil-Playern im Silicon Valley Kontakt aufzunehmen und die Unterstützung der etablierten Kunden in Europa, Asien und im NAFTA-Raum zu verstärken.
Das freut mich zu hören. Also ein großes Lob für alle MD Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter da draußen, die eine hervorragende Arbeit leisten und die Mobilität von morgen ermöglichen. Lass uns über Technologietrends in der Automobilindustrie reden. Welcher Technologietrend wird deiner Meinung nach das Geschäft von MD wahrscheinlich am stärksten beeinflussen?
Felix: Bei den Technologietrends, die ich sehe, geht es im Grunde immer um Geschwindigkeit. Neue Akteure benötigen so schnell wie möglich zahlreiche unterschiedliche Komponenten, da sie ihre Produkte häufig ändern. Kein Modell aus diesem Jahr gleicht dem vom Vorjahr. Zum Glück verfügt MD bereits über erhebliche Fähigkeiten im Bereich der Automatisierung, was sehr gut ist. Wir werden diese Geschwindigkeit und Automatisierung sowie Flexibilität brauchen, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein.
Es ist wirklich interessant, dass du wieder die Geschwindigkeit erwähnst. In der Zukunft hängt dieser Erfolg möglicherweise nicht nur davon ab, die richtige Technologie liefern zu können, sondern dies auch rechtzeitig tun zu können. Da die neuen Automobilfirmen ihre Produkte so häufig ändern, haben die Kompetenz, ihre Bedürfnisse zu verstehen, und die Flexibilität und Agilität, auf ihre Bedürfnisse eingehen zu können, vielleicht den größten Einfluss auf das Geschäft von MD.
Die wichtigste Erkenntnis bezüglich der frühen Stadien von Innovationen liegt darin, dass Geschwindigkeit vor Perfektion geht, dass man schnell lernen, schnell agieren und manchmal ein Scheitern eingestehen und zügig neu ansetzen muss, um erfolgreich zu sein. Das ist ganz klar eine große Herausforderung, die MD vor Augen haben muss, um die Kunden zufriedenstellen zu können.
Geben wir Gas für eine erfolgreiche Zukunft auf dem Markt für Datenübertragung in Fahrzeugen. Groß denken, schnell lernen, etwas bewegen.