Der Aufstieg von Chinas OEMs – eine chinesische Perspektive

Tech Talk ist eine Interviewreihe, in der wir Ihnen inspirierende Persönlichkeiten aus der MD Gruppe sowie aus der Welt der Technologie, Innovation und darüber hinaus vorstellen.

In dieser Ausgabe sprechen wir mit Li Dan, COO bei MD Asia-Pacific (Beijing) ELECTRONICS Co., Ltd. und MD (China) ELECTRONICS Co., Ltd. Sie gibt uns aus erster Hand Einblicke in den Aufstieg chinesischer Automobilhersteller und in ihre Strategien. Wir beleuchten die Erfolgsfaktoren, den technologischen Vorsprung, den sie sich erarbeitet haben, und welche Lehren westliche OEMs und Tier-1-Zulieferer aus diesem rasanten Wandel ziehen können.

Li Dan, bitte erzähle uns ein wenig über dich. Wie sah dein bisheriger Werdegang aus und was brachte dich zu MD?

Hallo, mein Name ist Li Dan. Ich bin 43 Jahre alt, COO bei MD in China und Mutter eines siebenjährigen Sohnes.

Nach meinem Universitätsabschluss in Industriedesign kam ich 2010 zu MD.

Ich begann in der technischen Abteilung und arbeitete in den Bereichen Design, Konstruktion und Anwendungstechnik. Danach hatte ich die Gelegenheit, als Resident Engineer bei einem der größten OEM-Kunden von MD zu arbeiten, was mir die Möglichkeit gab, eng mit den Kunden vor Ort zusammenzuarbeiten und wertvolle Einblicke in ihre täglichen Herausforderungen zu gewinnen.

Von dort wurde ich intern zur Produktionsleiterin befördert. Im Jahr 2017 wurde ich Betriebsleiterin in unserem Werk in Peking und seit 2020 bin ich stolz darauf, die Position des COO an beiden Standorten von MD China zu bekleiden.

Ich liebe den internationalen Aspekt meiner Arbeit und den direkten Einfluss auf unseren Erfolg auf jeder Ebene des Unternehmens.  Da ich mich in den letzten 15 Jahren hochgearbeitet habe, kenne ich unsere Prozesse und Produkte aus erster Hand, was für meine jetzigen Führungsaufgaben ein großer Vorteil ist.  Ich bin gespannt, was die Zukunft bringt, nicht nur für MD in der Region Asien-Pazifik, sondern für uns als MD Gruppe weltweit!

Gut, Xiexie – fangen wir an: Was hat den rasanten Aufstieg chinesischer OEMs auf dem globalen Automobilmarkt vorangetrieben?

Es gibt mehrere Hauptfaktoren, aber wenn ich nur ein Wort wählen müsste, wäre es Geschwindigkeit. Chinesische OEMs bewegen sich unglaublich schnell – sei es bei der Einführung neuer Technologien, der Markteinführung neuer Modelle oder der Reaktion auf Marktveränderungen. Chinesische Automobilhersteller reagieren flexibler auf Verbrauchertrends als die traditionellen Automobilhersteller. Sie bieten häufige Modellaktualisierungen und individuelle Anpassungsmöglichkeiten und zeichnen sich durch softwaredefinierte Fahrzeuge aus, die jüngere, technikaffine Käufer ansprechen. Die chinesische Regierung hat den Automobilsektor als strategischen Industriezweig eingestuft und bietet Subventionen, Steuererleichterungen sowie Mittel für Forschung und Entwicklung an. Politische Maßnahmen wie Made in China 2025 und die Dual-Credit-Politik haben die inländische Produktion von Elektrofahrzeugen und die technologische Innovation maßgeblich gefördert. Investitionen in die Infrastruktur, wie etwa das landesweite Ladenetz für Elektrofahrzeuge, haben das Marktwachstum zusätzlich beschleunigt.

China ist der weltweit größte Markt für Elektrofahrzeuge, und Unternehmen wie BYD, NIO und XPeng sind führend bei Innovationen. Frühe Investitionen in die Batterietechnologie, vor allem durch CATL – heute der weltweit größte Hersteller von Batterien für Elektrofahrzeuge – haben den chinesischen Autoherstellern einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Kostenvorteile bei der Produktion von Lithium-Ionen-Batterien haben chinesische Elektrofahrzeuge weltweit erschwinglicher gemacht.

Die ausgedehnte Lieferkette in China und die Größenvorteile ermöglichen niedrigere Produktionskosten als bei westlichen Automobilherstellern, wobei die einheimischen OEMs von der vertikalen Integration profitieren.

Wettbewerbsfähige Preisstrategien haben chinesische Autos in aufstrebenden Märkten wie Südostasien, Indien, Lateinamerika und Afrika besonders attraktiv gemacht.

Chinesische Automobilhersteller haben Konnektivität, autonomes Fahren und KI-gestützte Infotainmentsysteme schneller eingeführt als viele andere OEMs. Tech-Giganten wie Huawei, Baidu und Xiaomi sind in den Automobilsektor eingestiegen und haben die Entwicklung intelligenter Autos beschleunigt. 

Wie heben sich chinesische OEMs von anderen Automobilherstellern ab? 

Im Wesentlichen durch Konnektivität, sei es bei der Innovation, der Entwicklung neuer Modelle oder der Monetarisierung von Daten.

Chinesische Automobilhersteller wie BYD, NIO oder Xpeng integrieren 5G-fähige V2X – Systeme für die Echtzeitkommunikation mit Ampeln, Straßensensoren und anderen Fahrzeugen und verbessern so die Sicherheit und Effizienz. Und im Gegensatz zu vielen anderen Autoherstellern, die sich auf Händler-Updates verlassen, erhalten chinesische Elektrofahrzeuge (z. B. Li Auto, Huaweis AITO) monatliche oder sogar wöchentliche OTA-Updates (Over-the-Air-Updates), die Funktionen wie autonomes Fahren, Batteriemanagement und Infotainment verbessern.

Unternehmen wie NIO und XPeng nutzen fortschrittliches NLP (Natural Language Processing) für die Sprachsteuerung mit mehreren Befehlen, sogar mit Dialekten. Auch chinesische Autohersteller integrieren KI-Personalisierung und Drittanbieter-Apps in ihre Modelle. Das Auto lernt die Gewohnheiten des Fahrers, wie z. B. Sitzposition, Klimavorlieben, häufige Routen, und passt sich automatisch an. Chinesische Elektrofahrzeuge unterstützen WeChat, TikTok, Alipay und andere Super-Apps und machen das Auto so zu einem mobilen Smart Device.

Im Gegensatz zu westlichen Automobilherstellern, die sich auf Zulieferer wie Mobileye oder NVIDIA verlassen, entwickeln chinesische OEMs wie XPeng (XNGP), Huawei (ADS 2.0) und Baidu (Apollo) autonome Fahrsysteme selbst, was eine schnellere Iteration ermöglicht.

Chinesische Marken treiben die Einführung des autonomen Fahrens in Städten schneller voran als Teslas FSD-System (Full Self-Driving) in China – etwa durch lokal begrenzte (geofenced) Robotaxi-Pilotprojekte wie Baidu Apollo in Peking. Und die komplexen Verkehrsbedingungen in China generieren riesige reale Fahrdaten, die dazu beitragen, KI-Algorithmen schneller als die Konkurrenz zu verfeinern und ihnen einen Vorteil beim Datentraining zu verschaffen.

In den letzten zehn Jahren haben sich Abonnementmodelle in der Fernseh- und Medienbranche durchgesetzt. Chinesische Unternehmen wie NIO bieten jetzt abonnementbasierte Funktionen für Batterie-Upgrades, autonomes Fahren und Konnektivitätsdienste an, um wiederkehrende Einnahmen zu erzielen.

Der chinesische Ride-Hailing-Markt ist einer der größten und dynamischsten der Welt, geprägt von hartem Wettbewerb, schneller Innovation und starkem staatlichen Engagement. DiDi Chuxing beherrscht derzeit den chinesischen Markt mit rund 70 % Marktanteil und hat eine internationale Partnerschaft mit BYD.  Gemeinsam mit anderen Ride-Hailing-Anbietern sammeln sie große Datenmengen, um Routen, Batterienutzung und vorausschauende Wartung zu optimieren.

Chinesische OEMs nutzen die Integration in „intelligente“ Städte und profitieren von nationalen Cloud- und Datenplattformen. Sie arbeiten eng mit lokalen Regierungen an V2G (Vehicle-to-Grid)- und V2H (Vehicle-to-Home)-Projekten zusammen, die es Elektrofahrzeugen ermöglichen, Strom zurück ins Netz einzuspeisen.

Darüber hinaus unterstützen das chinesische Beidou-Navigationssystem und staatlich geförderte Cloud-Dienste wie die Alibaba-Cloud oder die Huawei-Cloud das Verkehrsmanagement und die Cybersicherheit in Echtzeit. 

Was sind die größten Herausforderungen für chinesische OEMs bei der Expansion auf internationale Märkte?

Chinesische OEMs haben mit Problemen des Markenvertrauens, regulatorischen Hürden und geopolitischen Spannungen zu kämpfen.

Im Vergleich zu etablierten Unternehmen wie Toyota, Volkswagen und Tesla müssen sich chinesische Automobilhersteller auf den weltweiten Märkten noch einen Namen machen. Sie müssen an der Markenbekanntheit arbeiten und die Verbraucher davon überzeugen, dass ihre Autos von guter Qualität und zuverlässig sind. In der Vergangenheit galten chinesische Autos als billig und minderwertig, doch diese Wahrnehmung ändert sich langsam mit der verbesserten Technologie.

Die Sicherheits- und Emissionsnormen sind streng, insbesondere in der EU und in Nordamerika, und erfordern kostspielige Änderungen und strenge Tests. Weitere Hindernisse sind die strenge Prüfung, der chinesische Elektrofahrzeuge und intelligente Autos im Hinblick auf Datenschutz und Datensicherheit unterliegen – etwa durch die Vorgaben der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie durch zunehmende Einschränkungen für chinesische Technologie in den USA.

Aktuelle geopolitische Spannungen und der technologische Wettbewerb – etwa Huawei-ähnliche Verbote chinesischer Elektrofahrzeuge aufgrund von Datenschutzbedenken – sowie hohe Importzölle treiben die Kosten in die Höhe und stellen zusätzliche Hürden für Chinas Bestrebungen dar, weltweit zu expandieren.

Um Zölle zu vermeiden, investieren chinesische Autohersteller in Fabriken in Übersee, wie BYD in Ungarn oder SAIC in Thailand, und bauen die Zusammenarbeit mit etablierten Zulieferern wie der MD Gruppe aus.  Wir von der MD Gruppe sind gut aufgestellt, um unsere chinesischen OEM-Kunden bei der Einhaltung internationaler Standards zu unterstützen und sicherzustellen, dass ihre Fahrzeuge mit weltweit konformen Datenkommunikationslösungen ausgestattet sind. 

Wie haben sich die Partnerschaften mit globalen Tier-1-Lieferanten entwickelt?

Wir erleben hier einen Wandel von kostengetriebenen Allianzen hin zu technologiebasierten Kooperationen. Prominente Kooperationen im Bereich autonomes Fahren und intelligente Autos sind XPeng und Nvidia bei Orin-Chips oder Li Auto mit Hesai und Innoviz bei LiDAR.

Außerdem gehen chinesische OEMs immer häufiger gemeinsame Entwicklungspartnerschaften mit Zulieferern für Datenübertragungs- und Konnektivitätslösungen der nächsten Generation ein. Gleichzeitig richten etablierte Tier-1-Unternehmen wie Bosch, Continental und Valeo Forschungs- und Entwicklungszentren in China ein, um sowohl lokale als auch globale Anforderungen zu erfüllen, da sie erkennen, dass sie mit der Zeit gehen müssen, um der Konkurrenz voraus zu sein.

MD investiert seit 2005 in China – sowohl mit Produktionsstätten sowie Vertriebs- und Technologiebüros.  Mit mehr als 30 Jahren Erfahrung in der Automobilindustrie bieten wir maßgeschneiderte Lösungen, die den spezifischen Anforderungen von OEMs weltweit entsprechen und eine nahtlose Integration in verschiedene Fahrzeugplattformen ermöglichen.

Und schließlich – was können westliche OEMs und Tier-1-Unternehmen von chinesischen Automobilinnovationen lernen?

Auch wenn Traditionen wichtig sind, müssen westliche OEMs agiler werden und schnellere Entwicklungszyklen einführen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

In China ist Geschwindigkeit einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Das bedeutet: schnellere Markteinführung, vertikale Integration und agile Produktentwicklungszyklen. Chinesische OEMs zeigen schnelle Prototypenentwicklung und flexible Fertigung, was ihnen ermöglicht, zügig auf Marktveränderungen zu reagieren.

Um das Nutzererlebnis zu verbessern und betriebliche Synergien zu erzielen, konzentrieren sich chinesische Unternehmen auf die Integration von Software und Hardware in Fahrzeug-Ökosystemen. Sie investieren auch in eigene Betriebssysteme und betrachten Software als eine wiederkehrende Einnahmequelle.

Kundenzentrierte digitale Erlebnisse, Online-Direktvertriebsmodelle und Initiativen zum Community-Building sind ebenfalls hervorragende Beispiele dafür, wie chinesische Automobilhersteller eine neue Ära der automobilen Innovation einläuten.  Personalisierte digitale Dienste sprechen technikaffine Verbraucher an und fördern die Loyalität über Apps, Nutzer-Events und Netzwerke zum Austausch von Batterien, wie das von NIO, das bereits über 2.400 Tauschstationen in ganz China betreibt. Die Nutzung von Abonnement-Modellen ist in China ebenfalls sehr beliebt.

Chinesische OEMs wie NIO verringern ihre Abhängigkeit von Autohändlern zunehmend, indem sie auf DTC-Modelle (Direct-to-Consumer) setzen. Xpeng verkauft viele seiner Fahrzeuge direkt über seine Online-Plattform. Beide Ansätze verbessern sowohl die Gewinnmargen als auch die Kontrolle über Kundendaten.

Chinesische Automobilhersteller dominieren im heimischen Markt durch Geschwindigkeit, Kostenkontrolle und Technologie und expandieren global durch Lokalisierung, Premium-Branding und Partnerschaften. Westliche Automobilhersteller müssen von der Agilität Chinas lernen, um in aufstrebenden wie auch entwickelten Märkten nicht ins Hintertreffen zu geraten.

Ein Blick in die Zukunft: Was plant die chinesische Regierung für die nächsten 10 Jahre?

Die chinesische Regierung hat einen ehrgeizigen Zehnjahresplan für die Automobilindustrie vorgelegt, der auf technologische Führerschaft, die grüne Transformation und die globale Marktexpansion setzt. Diese Pläne werden sowohl den chinesischen Binnenmarkt als auch die weltweite Automobilbranche nachhaltig verändern. So könnte die langfristige Entwicklung aussehen:

In China werden Elektrofahrzeuge die erste Wahl sein, während Autos mit Verbrennungsmotor in den neuen „intelligenten“ Städten mit autonomen Taxis und V2G-Energienetzwerken zunehmend an Bedeutung verlieren. Chinesische Marken kontrollieren mehr als 70 % des Binnenmarktes, während ausländische Marken nur noch eine Nischenrolle spielen.

Chinesische OEMs werden zu den Top 3 im weltweiten Fahrzeugverkauf gehören, während die europäische Autoindustrie um wettbewerbsfähige Lieferketten für Elektrofahrzeuge kämpft. Die USA und China entkoppeln sich im Bereich der Fahrzeugtechnologie, wobei getrennte Ökosysteme für Elektrofahrzeug- und autonome Fahrzeugchips zwei konkurrierende Technologiewelten schaffen.

Aufstrebende Märkte wie Afrika, Südostasien, Indien und Lateinamerika werden von chinesischen Elektrofahrzeugen dominiert werden. 

Li Dan, vielen Dank für dieses interessante und ausführliche Gespräch! Xiexie!

Wachstum, Innovation und Lokalisierung – die wichtige Rolle von MD auf dem chinesischen Automobilmarkt 

Nach vielen Jahren des exponentiellen Wachstums hat die chinesische Automobilindustrie einen deutlichen Rückgang erlebt. Doch die Geschwindigkeit, mit der China agiert, sein kundenorientierter Ansatz und die günstigen staatlichen Rahmenbedingungen, insbesondere bei der Entwicklung neuer Energiefahrzeuge (NEVs), steigern Chinas globalen Einfluss. Chinesische OEMs und Tier-1-Zulieferer haben spezifische Erwartungen in Hinblick auf Bordnetze, Steckverbinder und Datenleitungen, wobei der Schwerpunkt auf Kosten, Qualität und neuer Technologie liegt. Als anerkannter weltweit agierender Qualitätslieferant arbeitet MD daran, sich an die technologischen Bedürfnisse der asiatischen Kunden anzupassen und sie in den Mittelpunkt zu stellen, unser Geschäft in der Region Asien-Pazifik auszubauen und die Bedeutung stabiler Lieferketten und technologischer Fortschritte wie USB-C und Automotive Ethernet zu betonen.

Extrem leistungsfähige und außerordentlich zuverlässige Datenverbindungen sind das Rückgrat der Mobilität von morgen. MD ELEKTRONIK nimmt bei diesen Technologien einen Spitzenplatz ein und treibt die Entwicklung mit einem internationalen Netzwerk von Experten weiter voran. Kontaktieren Sie uns jetzt und erfahren Sie mehr über die neuesten Innovationen!

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Li Dan

Li Dan ist eine erfahrene Fachfrau in den Bereichen Anwendungstechnik und Betrieb mit über einem Jahrzehnt an Führungserfahrung. Sie beschreibt sich selbst als sehr praxisnah, spricht drei Sprachen und lebt die internationale Zusammenarbeit mit ihren Kolleginnen und Kollegen weltweit. Da sie sich in den letzten 15 Jahren hochgearbeitet hat, kennt Li Dan die Prozesse und Produkte von MD aus erster Hand. Das hilft ihr, den Erfolg von MD für die gesamte MD Gruppe voranzutreiben.