Wie sich Automobilzulieferer auf die neuesten Entwicklungen einstellen
Moderne Fahrzeuge sind stark von Elektronik abhängig. Insbesondere für sicherheitskritische Funktionen wie Bremsen und Lenken sind zuverlässige und hoch performante Datenübertragungslösungen und Stecksysteme unerlässlich, um Echtzeitdaten von Sensoren und Kameras zu verarbeiten. Die Systeme und Technologien, die hier zum Einsatz kommen, werden im Folgenden näher betrachtet.
Vom Fahrer zum Passagier – autonomes Fahren prägt die Anforderungen an moderne Bordnetze
Datenübertragungs-Technologien nehmen in künftigen Fahrzeug-Generationen eine immer zentralere Rolle ein. Mit der Entwicklung hin zum autonomen Fahren wird der Bedarf an Fahrerassistenzsystemen (ADAS) und damit die Anzahl an Datenverbindungen und die benötigten Datenraten stark ansteigen. Ziel ist es dabei, zukünftig immer höhere Level des autonomen Fahrens zu erreichen. Insbesondere der vermehrte Einsatz von Sensoren (Lidar & Radar) und Kameras erfordert eine hochpräzise und schnelle Datenübertragung. Die Auflösung der Kameras steigt kontinuierlich und die heute verwendete HD-Qualität wird sich weiterentwickeln. Die Daten müssen in Echtzeit zu den Steuergeräten übertragen und ausgewertet werden. Die Latenzzeiten müssen sehr gering sein, um die Sicherheit bei kritischen Systemen wie z.B. dem Kollisionsvermeidungssystem zu gewährleisten. Hohe Latenzzeiten sind hier nicht akzeptabel, um Unfälle und mögliche Personen- und auch Sachschäden zu vermeiden.
Eine schnelle und sichere Datenübertragung zwischen Fahrzeug und Infrastruktur (V2X-Kommunikation) ist ebenso von zentraler Bedeutung. Gerade die unmittelbare Reaktion auf Umwelteinflüsse ist für intelligente Verkehrsmanagementsysteme in Kombination mit hochautomatisiertem Fahren essentiell. So können mögliche Staus und Verkehrsbehinderungen von vornherein vermieden werden.
Auch durch die Integration von extrem umfangreichen Infotainment-Systemen werden die benötigten Datenübertragungsraten rapide ansteigen, insbesondere wenn es um das Streaming von Medieninhalten auf hochauflösende 8K Displays geht. Dabei muss nicht nur die Funktion des Displays selbst gewährleistet sein, sondern auch der Empfang und die Übertragung der Multimediadaten zum Gerät, um verpixelte Bilder oder eine ruckelnde Darstellung auf dem Monitor zu vermeiden.
Sicherheit und Nachhaltigkeit in der Lieferkette
Die steigende Bedeutung von Datenübertragungslösungen in modernen Bordnetzen rückt die zuverlässige Versorgung mit entsprechenden Komponenten in den Fokus der Automobilindustrie. Insbesondere seit der Corona-Pandemie stehen die Zulieferer vor enormen Herausforderungen bei der Sicherstellung stabiler Lieferketten. Der traditionelle „Just-in-time“-Ansatz mit dem Ziel, die Lagerbestände möglichst gering zu halten, wurde durch die Krise stark in Frage gestellt. Lieferengpässe bei Halbleitern und anderen kritischen Materialien führten zu Produktionsausfällen. Um diese Risiken zu minimieren, setzen Unternehmen verstärkt auf „Right-Shoring“-Strategien, bei denen Produktions- und Beschaffungsstandorte in Regionen mit einem optimalen Kosten-Risiko-Verhältnis verlagert werden. Neben dem klassischen „Nearshoring“ nach Mexiko oder in osteuropäische Länder werden auch Länder wie Vietnam, Thailand und Brasilien als alternative Standorte für die Produktion von Fahrzeugkomponenten in Betracht gezogen. Ziel dieser Diversifizierung ist es, Engpässe zu vermeiden und die Abhängigkeit von einer einzelnen Region wie z.B. China zu reduzieren. Zudem wird auf ein breites Portfolio mit zusätzlichen Alternativen (2nd bzw. 3rd Source) gesetzt, um ein Backup für den Fall von Engpässen zur Verfügung zu haben. Ein weiterer wichtiger Aspekt des modernen Beschaffungsmanagements ist die Digitalisierung der Lieferkette. Unternehmen investieren zunehmend in Technologien, die ein Echtzeit-Monitoring der Lieferketten ermöglichen. Diese Maßnahmen bieten Transparenz über den gesamten Prozess, von den Rohstofflieferanten bis hin zu den Logistikprozessen.
Die OEMs sind dabei, gemeinsame Richtlinien für Lieferanten zu etablieren. Das Leitprinzip zur Verbesserung der Nachhaltigkeit in der Lieferkette legt besonderes Augenmerk auf die Umsetzung einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft und die eingesetzten Rohstoffe. Dabei stehen vor allem die Reduzierung der Abfallmengen und die Wiederverwendung von Materialien sowie das Recycling im Vordergrund. Die OEMs fordern dies mittlerweile sogar in ihren Lieferbedingungen und Lastenheften. Damit wird Resourcenschonung durch Wiederverwendung und materialsparende Konstruktionen eine immer größere Bedeutung für Lieferanten gewinnen.
Umgang mit elektromagnetischen Störungen (EMV)
Bei Fahrzeugen mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren ist das EMV-Problem gering, da nur die Gefahr der Batterieentladung während des Startvorgangs besteht. Bei elektrisch angetriebenen Fahrzeugen mit ihren leistungsstarken Elektromotoren nehmen die EMV-Probleme jedoch drastisch zu. Eine Ursache sind die eingebauten Umrichter mit ihren unterschiedlichen Spannungsebenen. Elektromagnetische Unverträglichkeit kann im schlimmsten Fall zu einem schwerwiegenden Ausfall eines elektrischen Gerätes führen. So kann z.B. der Airbag ausgelöst werden, wenn bestimmte Mobiltelefone in der Nähe des Lenkrades gehalten werden. Um die Verträglichkeit zu erhöhen, kommen z.B. verdrillte Leitungen und abgeschirmte Kabel, bevorzugt zum Einsatz. Als zusätzliche Abhilfe können passive Entstördrosseln und Kombikondensatoren auf der Steuergeräte- und Hochvoltseite eingesetzt werden. Auch bei der Entwicklung von Komponenten wird verstärkt auf EMV-Verträglichkeit geachtet, um gegebenenfalls bereits in der Designphase eingreifen bzw. optimieren zu können.
Trends & Entwicklungen in der automobilen Datenübertragung
Um diese Datenraten unter Aspekten wie Material- und Bauraumersparnis sowie Performance und Sicherheit im Fahrzeug abbilden zu können, ergeben sich weitreichende Herausforderungen für die Zulieferindustrie.
Anwendungen wie 4K-Displays oder hochauflösende 4K-Kameras erfordern entsprechende Steckverbinderlösungen, die je nach Auflösung Datenraten von bis zu 20 Gbit/s übertragen müssen. Im Bereich der Datensteckverbinder findet daher ein Wandel von der HSD-Technologie hin zu Automotive-Ethernet-Technologien und Steckverbinderlösungen wie H-MTD und GEMnet statt.
Zusätzlich ist bei den Leitungen im Bereich Automotive Ethernet ein Wechsel von 4-Draht- zu 2-Drahtleitungen zu beobachten. Während der Frequenzbereich bei der HSD-Technologie noch bei bis zu 3 GHz und 3 Gbit/s lag, erhöht sich das Spektrum bei den neueren Stecksystemen auf bis zu 20 GHz und 56 Gbit/s. Und das bei einer Platzersparnis von bis zu 70 % bei bestimmten Varianten. Dieser Umbruch ist auch im Bereich der Koax-Steckverbinder zu beobachten, wo vom FAKRA-Stecksystem auf wesentlich kleinere und leistungsfähigere Mini-Koax-Systeme umgestellt wird. Die bekanntesten Mini-Koax-Stecksysteme sind sicherlich ADTCon-MC von MD ELEKTRONIK, MATE-AX von TE und HFM von Rosenberger. Das Frequenzband lag bei FAKRA noch bei 6 GHz und steigt bei Mini Coax auf bis zu 20 GHz.
Entwicklungen und Innovationen
Drei wesentliche Säulen beschreiben die aktuelle Situation, in der sich die Entwicklung der Automobilindustrie hinsichtlich der Datenübertragung derzeit befindet:
Durch die Weiterentwicklung der domänenübergreifenden Kommunikation der Feldbusse über ein Gateway wird die Anzahl der Leitungen und damit das Gewicht reduziert. Dadurch wird eine höhere Flexibilität und Erweiterbarkeit in den einzelnen Zonen des Bordnetzes erreicht. Ziel ist die Vereinfachung des Bordnetzes und des gesamten Kabelbaums. Dieser Ansatz fördert auch die automatisierte Fertigung des Kabelsatzes und die Aufteilung in mehrere kleine Kabelbäume.
Leistungsfähigere Steckverbinder und deren immer kleinere Bauformen, wie z.B. die Weiterentwicklung des koaxialen FAKRA-Stecksystems zu den Mini-Koax-Systemen ermöglichen gleichzeitig Materialeinsparung und Verbesserungen der Performance. Z.B. kann durch den Einsatz eines vierfachen Mini-Koax Steckverbinders gegenüber vier einzelnen FAKRA Steckverbindern eine Platz- und Gewichtsersparnis von 70% – 75% realisiert werden und das bei einer schnelleren Datenübertragung von bis zu 20 GHz.
Die Implementierung und Nutzung von Automotive Ethernet in zukünftigen Baureihen bildet die Grundlage für die Umsetzung neuer Architekturen und die Weiterentwicklung zukünftiger Bordnetze. Die Übertragung des Ethernetprotokolls über Zweidrahtsysteme im physical layer stellt eine schlanke Lösung dar, hinsichtlich Platz, Kosten und Gewicht. Über die Varianten „geschirmt“ und „ungeschirmt“ ist das Ethernetsystem skalierbar und kann ohne großen Aufwand an die Anforderungen der Applikation angepasst werden.
Flexibilität und Implementierung hybrider Lösungen
Der von MD entwickelte C-KLIC-Steckverbinder kann sowohl für die Datenübertragung als auch für die Stromübertragung verwendet werden. Dieser hybride Steckverbinder ersetzt bis zu 3 einzelne Steckverbinder. Dies führt zu einer Platzersparnis von 70 Prozent und einer deutlichen Kostenreduktion. Damit lassen sich Video-Verbindungen wie Display Port oder PCIe sowie Standard USB-Protokolle (3.x / 4.0) realisieren. Zudem wäre eine zusätzliche Stromversorgung der Geräte möglich.

C-KLIC
High-Speed Automotive Stecksystem mit differenziellen Datenpaaren zur Datenübertragung und Optionen wie Laden und die Übertragung zusätzlicher Steuersignale
Zur ProduktseiteEine weitere Art von Hybridsteckverbinder zur Integration von Daten- und Signalanschlüssen sind sogenannte „modulare Hybridsteckverbinder“. Immer mehr Komponentenhersteller setzen für die Zukunft auf diese Art von Stecksystem, um einerseits Steckvorgänge auf ein Minimum zu reduzieren und andererseits Bauraum einzusparen. Ein weiterer Vorteil ist, dass sowohl differentielle und koaxiale Stecksysteme als auch Standardkontakte zur Stromübertragung in einem Steckverbinder kombiniert werden können. Damit können sowohl einfache Steuersignale übertragen als auch Sensoren mit dem notwendigen Strom versorgt werden. Durch die Reduzierung der zu steckenden Komponenten bei der Fahrzeugverkabelung ist der Einsatz von Hybridsteckverbindern ein weiterer Schritt in Richtung höherer Automatisierung und damit Effizienzsteigerung auf der Produktionsseite. Vor allem ist dies ein weiterer Baustein zur Vereinfachung des Bordnetzes.
MD ELEKTRONIK – Unabhängig und vielseitig
Als unabhängiger Konfektionär und Entwickler von Stecksystemen kann MD flexibel auf Marktanforderungen reagieren und gleichzeitig durch eigene Komponentenentwicklungen innovative und maßgeschneiderte Komplettlösungen anbieten. Darüber hinaus ermöglicht MD durch die Entwicklung und den Bau eigener Produktionsanlagen einen hohen Automatisierungsgrad und damit höchste, reproduzierbare Qualität an allen Produktionsstandorten weltweit, die für die zukünftigen Herausforderungen des autonomen Fahrens unabdingbar ist. Durch diese Ausrichtung erhöht MD die Unabhängigkeit von Zulieferern und trägt zu einer Stabilisierung der Lieferkette im Sinne unserer Kunden bei.